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Gleismannsbahnhof.

Gleis 2.9: Der Betrieb auf der Hochbahnstrecke nach Rothenburgsort von 1915 bis 1943

Geringe Nachfrage

Der Zweiglinie war, im Gegensatz zu den anderen Strecken der Hochbahn, kein übermäßiger Erfolg beschieden. Für eine Bahnstrecke, die durch dichtbebautes Stadtgebiet führte, hatte sie zu wenig Fahrgäste. Das dürfte mehrere Ursachen gehabt haben. Zunächst gab es im Stadtteil selbst viele Arbeitsplätze und direkt nebenan im Hafengebiet lagen ebenfalls viele Arbeitsplätze, die nicht an die U - Bahn angebunden waren. Auch gab es damals im Stadtteil selbst zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten. Für die Bewohner des Stadtteils, in dem eher Menschen mit geringen Einkommen lebten, gab es also nicht so viele Anlässe, weite Entfernungen zurückzulegen. Ferner war es damals auch üblich, Strecken von drei bis fünf Kilometer einfach zu Fuß zurückzulegen. So gesehen war sowohl die "Mönckebergstraße" als auch die "Landungsbrücken" (als Ausgangspunkt vieler Hafenfähren) fußläufig erreichbar. Von daher dürfte schon das Fahrgastpotential an sich nicht so groß gewesen sein. Außerdem gab es in Hammerbrook und Rothenburgsort ein dichtes Straßenbahnnetz, obwohl kein Parallelverkehr bestand (wie bereits erwähnt, gab es an jeder Haltestelle der Zweiglinie Straßenbahnanschluß).

Bei der Haltestelle Rothenburgsort befand sich zudem auch noch der Vorortbahnhof (heute S - Bahnhof der Linien S 21 und S 2) mit Fahrtmöglichkeit in die Innenstadt. Umsteigeverkehr von der Vorortbahn gab es wohl auch nur wenig, da man die Innenstadt auch am Hauptbahnhof erreichen konnte. Leider kam es auch nicht zu der in verschiedenen Formen angedachten Verknüpfung zwischen U - Bahn und den Kleinbahnen nach Südstormarn und in die Vier- und Marschlande in der Form, wie wir sie heute so erfolgreich aus "Norderstedt - Mitte" kennen. Vielleicht verhinderte auch die abseitige Lage der Endhaltestelle ein größeres Verkehrsaufkommen, die man beispielsweise vom "Rothenburgsorter Marktplatz" erst nach etwa einem Kilometer Fußweg erreichte. Dort lag die Straßenbahn deutlich näher. Vielleicht wäre ja ab dem Billbrack eine unterirdische Streckenführung in die Mitte von Rothenburgsort denkbar gewesen.

Die verhältnismäßig geringe Nutzung belegt auch eine Zählung aus dem Jahr 1928:

  • Hauptbahnhof 5,18
  • Spaldingstraße 0,67
  • Süderstraße 1,64
  • Brückenstraße 0,97
  • Rothenburgsort 1,93

    (Zum Vergleich:
  • Schlump 1,82
  • Christuskirche 1,26
  • Emilienstraße 1,74
  • Osterstraße 2,35
  • Hellkamp 2,86)

(Zahlen jeweils in Millionen, Quelle: Holstein-Kemmann - Gutachten über den Hamburger Verkehr 1929)

Die Zahlen lassen erkennen, dass auf dem am stärksten belasteten Abschnitt Hauptbahnhof - Spaldingstraße insgesamt nur 5,18 Mio. Fahrgäste unterwegs waren und pro Jahr nur 30.000 Fahrgäste Fahrten von einem Bahnhof der Zweiglinie zu einem anderen Bahnhof der Zweiglinie unternahmen. Bedenkt man nun noch, dass 1928 wohl jenes Jahr in der ganzen Existenz der Zweigstrecke war, in dem in Deutschland die besten wirtschaftlichen Verhältnisse herrschten, dann kann man sich ausrechnen, wie gering die Nachfrage in den Zeiten der Wirtschaftskrisen von 1923 oder 1930 gewesen sein muss. (1918 mündete das Kriegsende direkt in die Revolution mit unruhigen Übergangsjahren und schließlich einer Hyperinflation. Die Zeit zwischen 1924 und 1929 gilt als die „Goldenen Zwanziger“, bis der New Yorker Börsencrash im Oktober 1929 die Weltwirtschaftskrise einläutete, dazu ein Wikipedia - Artikel. Hamburg war davon besonders schwer betroffen. Die Arbeitslosigkeit ging hier erst in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre zurück. Daher wurde unter anderem 1934 / 1935 als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme „Planten un Blomen“ angelegt, siehe auch unter: ndr.de. Wie schwer diese Krise war, lässt sich auch daran ablesen, dass bei der Hamburger Hochbahn die hohen Fahrgastzahlen des Jahres 1928 erst im Kriegsjahr 1942 wieder erreicht wurden!

In der Regel verkehrten nachfragebedingt (siehe oben) auf dieser Strecke Zweiwagenzüge, etwa sonntags wegen des Ausflugsverkehrs, zeitweise auch solo fahrende Triebwagen. In der Hauptverkehrszeit verkehrten 4 -, später auch 6 - Wagenzüge, nachdem ab 1926 die Bahnsteige dafür entsprechend verlängert worden waren.

Die Hochbahnstrecken hatten über 5 Jahrzehnte keine offiziellen Bezeichnungen in Kurzform. Man orientierte sich anhand der Richtungsschilder an den Triebwagen und in den Haltestellen, die das Fahrtziel und eventuell den Zusatz "Ring" oder "über Ring" führten. So besaß die Zweiglinie nach Rothenburgsort als einzige Strecke der Hoch- und späteren U - Bahn nie eine Liniennummer und im Gegensatz zu anderen Strecken der Hochbahn wie "Ring" oder "Kelljunglinie" auch keine prägnante Kurzbezeichnung. Auch die Anfang der 1950er Jahre eingeführten Buchstabenkürzel der HHA für die einzelnen Streckenteile der U - Bahn traf auf die Rothenburgsorter Hochbahn nicht mehr zu.

Bei meinen Recherchen stieß ich auf folgende Bezeichnungen: 1907 hatte die geplante Strecke Freihafen / Rothenburgsort - Hauptbahnhof - Groß Borstel die Bezeichnung "Linie 1" und 1924 wurde die Strecke Hauptbahnhof - Rothenburgsort auf einem Linienplan der HHA als "2" beziffert.

Die Brücke über die Eisenbahnstrecke.
Ein Halbzug der Hamburg - Altonaer Stadt- und Vorortbahn in Richtung Berliner Tor unterquert die Brücke der Zweiglinie nach Rothenburgsort. Vorne verschwindet der "Nagelsweg" unter der Bahnstrecke. Gut zu sehen ist der große Abstand zwischen Brückenpfeiler und Bahndamm als Vorleistung für die geplante Erweiterung der Eisenbahnstrecke auf 10 Gleise.


Die Anfangsjahre 1915 bis 1918

Nach der Eröffnung beschränkte sich der Betrieb in den ersten Jahren auf den Abschnitt Hauptbahnhof - Rothenburgsort. In späteren Jahren fuhren in den Hauptverkehrszeiten die Züge über den Ring bis Hellkamp (Eimsbüttel) oder auch Ochsenzoll weiter. Vorgesehen war eigentlich, daß die Zweiglinie nach der Eröffnung in der Hauptverkehrszeit über "Rathausmarkt" und "Schlump" bis "Hellkamp" führen sollte. Wegen des 1. Weltkrieges und seiner Auswirkungen unterblieb diese Maßnahme zunächst. ("Hellkamp" war die damalige Endstation der Eimsbüttler Zweiglinie, die bei deren Verlängerung nach "Hagenbecks Tierpark" aufgelassen und durch die Haltestelle „Lutterothstraße“ ersetzt wurde.)

Bereits im zweiten Betriebsjahr 1917 gingen insbesondere auf dieser Zweigstrecke die Fahrgastzahlen zurück, sodaß von den mittlerweile 180 vorhandenen Hochbahnwagen vier der 4. Lieferung von 1914 / 1915 zu Zweirichtungswagen umgebaut wurden, das heißt, sie bekamen zwei Führerstände, um auch als Einzelwagen fahren zu können. Sie hießen bald im Volksmund "Esel", da man ihnen nicht ansehen konnte, in welche Richtung sie fahren würden, also so unberechenbar waren wie ein Esel, der jederzeit nach allen Seiten ausbrechen kann. Es handelte sich um die Wagen 177 - 180. Die Wagen 219, 220 und 231 bis 238 bekamen ebenfalls zwei Führerstände. 1926 folgten noch die Wagen 226 und 230. (Diese "Esel" fuhren außerdem noch auf der Walddörferbahn, womit man dort bei der zunächst sehr geringen Nachfrage eine angemessene Bedienung sicherstellen konnte.)

Am 05. Januar 1917 wurde eine Änderungsüberlegung bekannt, wonach von den derzeit 118 täglich verkehrenden Zugpaaren auf der Zweiglinie aus Ersparnisgründen nur noch 99 verbleiben sollten. Die Zahl wurde jedoch im Laufe des Jahres 1917 "nur" auf 107 verringert. Am 26. Oktober desselben Jahres sollten davon nur noch 91 übrigbleiben. Diese Maßnahme wurde nicht verwirklicht.

Haltestelle Süderstraße.
Zeitungsausschnitt mit der Haltestelle Süderstraße im Bild.


In der Weimarer Zeit von 1918 bis 1933

Ab etwa 1918 (wahrscheinlich nach Kriegsende) wurde dann tatsächlich in den Hauptverkehrszeiten der Betrieb im 5 - Minutentakt über Hauptbahnhof und "Schlump" bis zum "Hellkamp" erweitert. Diese Fahrten sollen ab dem 28. Januar 1923 wieder zurückgenommen worden sein.

Am 04. Mai 1922 teilte die HHA in einem Schreiben an die Senatskommission mit, daß sie an mehreren Haltestellen, darunter Rothenburgsort, Transparente mit der Aufschrift "HOCHBAHN" anzubringen beabsichtigt, um die Haltestellen "für das fahrende Publikum besser kenntlich zu machen".

Der Verkehr ließ in der Folgezeit so sehr nach, daß die HHA den Gesamtbetrieb nach Rothenburgsort am 17. September 1923 unter anderem aus Kostenersparnisgründen einstellte. Die Bevölkerung und die Firmen, die an der Strecke wohnte beziehungsweise ansässig waren, schrieben mehrmals an die Hochbahn und drängten auf eine Wiederaufnahme des Betriebes. Es bestand die Befürchtung, daß der vorhandene Straßenbahnbetrieb im bevorstehenden Winter zum Erliegen kommen könnte. Außerdem sei die Fahrtenfolge der Linie 36, die die Verbindung in die Innenstadt herstellte, zu gering. Die Hochbahn setzte daraufhin mehr Straßenbahnen ein.

Im Januar 1924 erfolgte eine erneute Eingabe der Bevölkerung bei der Hochbahn. Die Hochbahn erwiderte, daß die Wiederinbetriebnahme nun davon abhängig sei, ob der Hamburger Staat die Genehmigung zum Bau der Wagenhalle in Billwerder - Ausschlag erteilen würde oder nicht. Es gab bei der Hochbahn derzeit einen Mangel an überdachten Abstellgleisen. So wurden die überzähligen Hochbahnwagen in der Tunnelstrecke zwischen dem Hauptbahnhof und der Tunnelöffnung am "Besenbinderhof" abgestellt. Am 23. Februar 1924, nachdem der Bau der Wagenhalle beschlossen war, wurde der Betrieb wieder aufgenommen. Auch stiegen die Fahrgastzahlen im gesamten Netz nach dem Ende der Inflation wieder an. Das schlug sich auch im bald im erweiterten Fahrplanangebot nieder:

Im Fahrplan ab dem 10. Juni 1924 verkehrten die Züge auf der Zweiglinie werktags (Montags - Samstags) im 15 - Minutentakt, in den Hauptverkehrszeiten auf 7 1/2 Minuten verstärkt. Sonntags verkehrten sie durchweg alle 15 Minuten. Die Fahrzeit zwischen 2 Haltestellen lag auf der Zweigstrecke jeweils bei zwei Minuten, so daß die gesamte Strecke in 8 Minuten durchfahren war. Der erste Zug startete 5.04 Uhr in Rothenburgsort.

Ab dem 04. Januar 1926 wurde die Linie in den Hauptverkehrszeiten mit der Langenhorner Bahn verknüpft. So fuhren die Züge ab&xnbsp;Rothenburgsort&xnbsp;im 5 - Minutentakt abwechselnd bis "Ohlsdorf" und "Ochsenzoll". Im Fahrplan vom 15. Juli 1927 fuhren die Züge im 10 - Minuten - Takt, in den Hauptverkehrszeiten Montags - Samstags im 5 - Minutentakt. Die beiden letzten Züge abends hatten am Hauptbahnhof nur noch Anschluss in Richtung Barmbek und den Nachtverkehr der Straßenbahn. Etwa zur gleichen Zeit wurden die ersten Bahnsteige der Haltestellen der Hochbahn (unter anderem in Hauptbahnhof ab dem 03. Juni) auf 90 Meter verlängert, auch sollten die bisher vorhandenen Flügelsignale durch Tageslichtsignale ersetzt werden, auf der Zweiglinie verblieben die Flügelsignale anscheinend jedoch. Ein Foto vom zerstörten Viadukt südlich der Haltestelle Spaldingstraße nach 1943 zeigt, daß dort ein Formhauptsignal, sogar eins mit einer geschweiften Spitze im Flügel(!) statt der allgemein üblichen runden Kelle, zur Sicherung der Haltestelle gestanden hat. 1926 wurde schließlich noch das Unterwerk in der Haltestelle Hauptbahnhof auf 10.200 Kilowatt Leistung ausgebaut, was dem nun wesentlich höheren Fahrzeugeinsatz durch längere Züge geschuldet gewesen sein dürfte.

1928 wurden die Bahnsteige in den Haltestellen Spaldingstraße und Brückenstraße sowie vermutlich auch auf den anderen beiden Stationen verlängert. An den auf Stahlviadukten gelegenen Stationen war dies sehr aufwendig. Doch nun konnten in der Hauptverkehrszeit auch hier 6 - Wagen - Züge verkehren. Laut einer Notiz vom 22. März 1928 verkehrten in der Hauptverkehrszeit 4 - Wagenzüge von Rothenburgsort bis zum "Millerntor".

Am 30. März 1928 gab es einen Unfall in der Haltestelle Brückenstraße. Ein in der Haltestelle in Richtung Rothenburgsort stehender Zug wurde von einem nachfolgenden Zug aus Richtung Süderstraße mit großer Wucht gerammt. Angeblich soll der nachfolgende Zug "Freie Fahrt" gehabt haben. Es entstand Sachschaden an den beiden Zügen und elf Personen wurden verletzt, davon vier schwer.

Am 02. September 1929 entfielen die durchgehenden Züge zur Langenhorner Bahn wieder, da diese nun eine eigene Strecke zum "Stephansplatz" erhalten hatte, die 1931 bis "Jungfernstieg" verlängert wurde. Der Betrieb der Zweiglinie beschränkte sich wiederum auf den Abschnitt Rothenburgsort - Hauptbahnhof.

Tunnelöffnung am Besenbinderhof.
Ein Zug der Zweiglinie verschwindet im Tunnel am "Besenbinderhof" Richtung Hauptbahnhof. Das über dem Zug sichtbare Gebäude ist das damalige "Neue Gesundheitsamt". Es war zum Zeitpunkt der Aufnahme (etwa 1927 / 1928) gerade im Bau oder schon fertiggestellt und steht noch heute, allerdings mit verändertem Aussehen. Hier gibt es genaue Angaben sowie Fotos und Skizzen zum Bau dieses Gebäudes, zum Beispiel die Information, daß der Zugbetrieb während des Baus nicht eingestellt werden durfte! Fünf Jahre früher hätte es dagegen keine Einwände gegeben...


In den dreißiger Jahren

Im Fahrplan vom 20. Oktober 1930 verkehrten die Züge weiterhin alle 10, in den Hauptverkehrszeiten sowie Samstagnachmittag alle 5 Minuten, doch 1932 wurde der Betrieb auf der gesamten Hochbahn wegen der wirtschaftlichen Situation eingeschränkt.

Auf die erneute Wirtschaftskrise ab 1929 reagierte die Hochbahn mit einer Automatisierung: 1930 wurde am Kehrgleis in Rothenburgsort eine selbsttätige Weichenstellvorrichtung eingebaut. 1931 erhielt auch die Haltestelle Hauptbahnhof im Anschluß an das Stellwerk gleichfalls eine selbsttätige Kehranlage für die Züge der Zweiglinie, wodurch Personalersparnisse ermöglicht wurden. Das bedeutete, daß die Züge am Hauptbahnhof nach Durchfahren des Weichenkreuzes östlich der Bahnsteige das automatische Umstellen der Weichen auslösten und so im Regelbetrieb (durch den Pendelverkehr gab es keine durchgehenden Züge zum und vom Ring) keinerlei Stellwerksbedienung erforderten.

1933 wurde das geringste Fahrgastaufkommen auf dem gesamten Hochbahnnetz seit der Betriebseröffnung gezählt.

1934 wurde mit der Eisenbahndirektion Altona ein Übergangstarif vereinbart, der vom 01. Mai ab galt. So konnten für Fahrten ab / bis Rothenburgsort mit Wechsel des Verkehrsmittels Fahrkarten für 30 beziehungsweise 35 Reichspfennig gelöst werden, was jedoch kaum geschah.

Ab diesem Tag galt auch ein Fahrplan, der auf der Zweigstrecke täglich einen ganztägigen 10 - Minutenbetrieb vorsah. Es gab keine 5 - Minutenverstärker in den Hauptverkehrszeiten mehr, während zum Beispiel auf der Hellkamplinie weiterhin ein 5 - Minutentakt in der Hauptverkehrszeit angeboten wurde. Es waren demnach 118 Zugpaare auf der Zweiglinie unterwegs, die mittlerweile nur noch 6 Minuten für die Gesamtstrecke benötigten. Die Fahrpläne vom 28. April 1936 und vom 22. Mai 1937 beinhalteten für die Zweiglinie ebenfalls nur einen ganztägigen 10 - Minutentakt.

1937 wurden die Gleise zwischen Hauptbahnhof und Spaldingstraße erneuert (Steigungsstrecke mit hoher Beanspruchung) sowie die Gleise zwischen Spaldingstraße und Süderstraße neu beschottert. Es wurde in diesem Jahr damit begonnen, auf der Zweiglinie praktische Versuche mit zwei verschiedenen Fahrsperren - Bauarten durchzuführen. Der Inselbetrieb ohne Weiterleitung auf den Ring bot sich wohl dafür an.

1938 wurde der Unterkunftsraum für das Zugpersonal auf dem Endbahnhof in Rothenburgsort neu gestaltet. Am 14. Dezember schließlich erhielt die Haltestelle Hauptbahnhof einen weiteren Ausgang zur "Kirchenallee", was aber schon mit dem neuen Projekt einer Strecke von "Jungfernstieg" über "Steinstraße" und Hauptbahnhof nach Horn zusammenhing, die in dieser Zeit vorbereitet, dann aber wegen des Krieges nicht mehr weitergeführt wurde. Sie war ein Projekt des 1939 neugegründeten Schnellbahn - Bauamtes. Die Zweiglinie nach Rothenburgsort sollte nach dessen Plänen jedoch nicht erweitert werden. Der am 1. September 1939 begonnene Zweite Weltkrieg hatte zunächst noch keine Auswirkungen auf die Zweiglinie...

Zug nach Hauptbahnhof vor der Tunnelöffnung, etwa 1937.
Blick vom "Neuen Gesundheitsamt" auf das Viadukt an der "Norderstraße" und die Brücke über die Reichsbahn vor de Haltestelle Spaldingstraße. Der Text auf dem Foto lautet: "Dort, wo heute das co - op - Haus*) am Besenbinderhof steht, kam einst die U - Bahn aus den Schächten und wurde zur Hochbahn. Fast schnurgerade führte der Viadukt nach Rothenburgsort, den Nagelsweg entlang, über die Bille zum Hochbahn - Betriebshof an der Billstraße. Nach 1945 wurde das im Bombenkrieg ausgeglühte, verbogene Eisengerippe abgebrochen. Es führte ohnehin nur noch in unübersehbare Trümmerflächen. Das alte Rothenburgsort - ein keineswegs schöner Stadtteil - war bis auf zufällig stehengebliebene Reste verschwunden. Aber auch was in den Jahren danach neu entstand, hat nicht ausgereicht, diesem Teil Hamburgs städtebaulichen Reiz zu verleihen."
*) Anmerkung: Das "co - op" - Haus (später "Wal - Mart", heute "real,-") steht allerdings weiter östlich Richtung Berliner Tor.


Im Zweiten Weltkrieg

Ab dem 06. Juni 1940 wurde der abendliche 10 - Minutentakt auf allen Hochbahnstrecken auf eine 20 - Minuten - Folge ausgedehnt. Im Fahrplan vom 22. Oktober 1940 fuhren die Züge auf der Zweiglinie jedoch wieder ganztägig im 10 - Minutentakt.

Am 11. Mai 1941 beschädigte eine Bombenexplosion im "Nagelsweg" das Dach der Haltestelle Spaldingstraße.

"Mit dem Jahr 1942 begann eine neue Stufe der Eskalation des Luftkriegs in Europa. Als Antwort auf die Bombardierung englischer Städte während der Luftschlacht um England legte die britische Regierung im Februar 1942 eine neue Luftkriegsstrategie fest. Sie basierte auf einer stärkeren Betonung des Bomber Commands der Royal Air Force ("RAF"). Ihren sichtbaren Ausdruck fand diese neue Kriegsführung in der Ernennung von Arthur T. Harris zum Luftmarschall und Oberbefehlshaber des Bomber Command am 22. Februar 1942. Mit Harris, der später in der britischen Öffentlichkeit die zweifelhaften Spitznamen "Bomber-Harris" oder "Butcher" ("Schlächter") erhalten sollte, wurde die Methode des Flächenbombardements ("area bombing") in der Royal Air Force eingeführt. Grundlage dieser neuen Strategie stellte die massenhafte Verwendung von Brandbomben neben den bislang hauptsächlich verwendeten Sprengbomben dar, um so ganze Stadtteile vernichten zu können. ... Harris´ Versuch, durch Bombenangriffe auf Wohngebiete die Moral der deutschen Bevölkerung zu brechen und so ein schnelleres Ende des Krieges herbeizuführen, erwies sich jedoch als folgenschwerer Irrtum, der Hunderttausenden von Menschen das Leben kosten sollte und ihn selbst im eigenen Land unbeliebt machte."
aus: "Hamburgs Weg in den Feuersturm", memo / Museum für Hamburgische Geschichte, Heft Nr. 1; Hamburg, Oktober 1993, Seite 118 ff. Begleitpublikation zur Ausstellung "... wenn alles in Scherben fällt - Hamburgs Weg in den Feuersturm" im Museum für Hamburgische Geschichte.

Im Fahrplan aus dem vorletzten Betriebsjahr 1942 gab es auch wieder einen 5 - Minutentakt Montags bis Freitags in den Hauptverkehrszeiten morgens zwischen 5.45 Uhr und 8.45 Uhr und abends zwischen 16.03 Uhr und 19.03 Uhr ab Hauptbahnhof. Samstags zwischen 13.03 und 16.03 Uhr fuhr die Zweiglinie ab Hauptbahnhof ebenfalls alle 5 Minuten. Abends galt jedoch wieder ein 20 - Minutentakt.

Im Hochbahn-Archiv befindet sich eine handschriftliche Aufstellung über Fahrplanänderungen, die ab 1942 geführt wurden. Wer dieses Schriftum angelegt hatte, ist unbekannt. Auffällig ist, daß viele Sonderzüge und Gastzüge / Gästezüge eingelegt wurden. Ziele waren neben Rothenburgsort auch in erster Linie Haltestellen an der "Langenhorner Bahn", vornehmlich die Haltestelle "Flughafen" (heute "Fuhlsbüttel Nord"), die in den 1930er Jahren eine Kehrmöglichkeit erhalten hatte. Warum gerade Rothenburgsort angefahren wurde, ist unbekannt. Es könnte aber sein, daß zum einen das Kriegsgefangenenlager in der Wagenhalle in Billwerder - Ausschlag erreicht werden sollte und zum anderen die Kehrmöglichkeiten östlich von Hauptbahnhof sehr gering waren (die Haltestelle Hauptbahnhof selbst hatte zwar östlich der Bahnsteige Weichen, aber keine Abstellgleise, Berliner Tor war zu der Zeit eine reine Durchgangshaltestelle ohne Weichen und Abstellmöglichkeiten, in "Mundsburg" konnte nur über den dortigen Gleiswechsel gekehrt werden und "Barmbe(c)k" war ziemlich weit entfernt, wohingegen Rothenburgsort in etwa sieben Minuten vom Hauptbahnhof erreichbar war. Am Dienstag, dem 27. Oktober 1942, steht dort beispielsweise, daß "in den Hauptverkehrszeiten ... die Züge vom Hauptbahnhof ("Hb") ebenfalls auch Rothenburgsort ("Ro") und Barmbeck ("Ba") sowie auch umgekehrt durchgeleitet" werden; wohin sie durchgeleitet wurden, steht dort leider nicht.

Ab Freitag, dem 11. Dezember 1942 gab es einen Sonderzug um 16.15 Uhr von "Lattenkamp" nach Rothenburgsort und um 17.05 Uhr auch wieder zurück. Am 14.12. verkehrte dieser Sonderzug um 16.56 1/2 Uhr ab Rothenburgsort über Hauptbahnhof und "Jungfernstieg" (wenden in "Kellinghusenstraße" und in "Jungfernstieg"!) nach "Lattenkamp".

Am 23. Dezember 1942 wurde vermerkt, daß der U - Bahn - Verkehr in der Silvesternacht 1942 um eine Stunde verlängert wird.

Am 2. Januar 1943 verkehrten keine durchfahrenden Züge von Rothenburgsort nach "Kellinghusenstraße" und umgekehrt (Eintrag vom 29. Dezember 1942). Daneben findet sich folgender Eintrag: "Auf der Strecke "Ro" zwischen 4.57 - 8.37 ab "Ro" und 5.08 - 8.45 ab "Hbf" im 10 Minutenabstand geändert, anschließend planmäßig." Wie der ursprüngliche Plan für diese Zeit ausgesehen hat, ist nicht bekannt.

Ab Montag, dem 19. April 1943, galt ein neuer Fahrplan. Demnach wurde der durchgehende Verkehr von Rothenburgsort nach "Kellinghusenstraße" und umgekehrt morgens nur bis 7.51 Uhr ab Rothenburgsort und 8.05 Uhr ab "Kellinghusenstraße" durchgeführt. Am Ostersamstag 1943 verkehrten die durchgehenden Züge nicht, dafür gab es einen Pendelverkehr von 4.51 - 5.31 Uhr ab Rothenburgsort und 5.05 - 7.05 ab Hauptbahnhof, anschließend sollten die Züge planmäßig fahren.

"Die Schlacht um Hamburg"

"Die Entscheidung, die Schlacht um Hamburg zu beginnen, wurde am Donnerstag, den 22. Juli 1943, gegen 9.15 Uhr getroffen, kurz bevor Air Chief Marshal Harris die routinemäßige Morgenbesprechung über Einsatzplanung im Hauptquartier des Bomber Command beendete." (aus: Martin Middlebrook: "Hamburg Juli ´43", Seite 97)

"Kern jedes Einsatzplans waren die Auswahl des Zielpunktes in der Stadt und die Route, die der Bomberstrom während seines Endanfluges nehmen würde. Diese beiden Entscheidungen hingen wiederum davon ab, welches Gebiet der Zielstadt für die Bombardierung ausgewählt worden war. Hamburg war zu groß, um die ganze Stadt in einer Nacht ernstlich schädigen zu können. Deshalb wollte man in mehreren Nächten einen Stadtteil nach dem anderen bombardieren. ... Der breite Elbstrom und die beiden Alsterseen sollten die Taktik der Schlacht von Hamburg bestimmen. Zielpunkte und Zielanflüge mußten so ausgewählt werden, daß möglichst wenig Bomben ins Wasser fielen und damit vergeudet wurden. Das Gebiet, das in dieser ersten Nacht der Schlacht bombardiert werden sollte, war schon ausgesucht worden. Die westlichen Teile des Haupt-Stadtgebietes, die Gebiete nördlich der Elbe und westlich der Alster, sollten das Ziel dieser Nacht sein." (aus: Martin Middlebrook: "Hamburg Juli ´43", Seite 103 ff)

Der erste Angriff erfolgte in der Nacht vom 24. auf den 25. Juli und traf vor allem Stadtteile im Westen. Da der Angriff aber sehr zersplittert war, wurden punktuell auch andere Stadtteile getroffen. Einige wenige Bombenschäden gab es auch in Hammerbrook, so zwei Einzeltreffer an Häusern an der Ostseite des "Nagelswegs" unmittelbar südlich der Haltestelle Spaldingstraße. Sie sind vermutlich eine Ursache dafür, daß der reguläre Betrieb auf der Zweiglinie unterbrochen wurde. Das Straßenbahnnetz war durch seine Gleisverbindungen so ausgelegt, dass schon einige wenige Bombenschäden ausreichten, um den Straßenbahnverkehr in ganz Hammerbrook zum Erliegen zu bringen. (vgl. Muth: "Die Hamburger Straßenbahn nach dem "Feuersturm" in: Hamburger Nahverkehrsnachrichten 4 / 2018)

Am Sonntag, den 25. Juli 1943 wurde das Straßenbahndepot Süderstraße (intern als Bf. "U" bezeichnet) Endpunkt der Straßenbahnlinien 33 nach "Rönneburg" und 35 nach "Wilstorf", da die Verbindungen nach Norden unterbrochen worden waren (und nicht, wie ich geschrieben hatte, die U - Bahn - Haltestelle Süderstraße!). Der Betrieb auf dem gesamten Hochbahnnetz, in den handschriftlichen Fahrplanaufzeichnungen mit "Katastrophe" betitelt, beschränkte sich auf die Strecken:

  • Ochsenzoll - Jungfernstieg
  • Kellinghusenstraße - Barmbeck
  • Barmbeck - Walddörfer


  • So waren die innenstadtnahen Ziele außer am "Jungfernstieg" nicht per Hochbahn erreichbar.

    Am 25. und 26. Juli gab es tagsüber mehrfach Fliegeralarm, da die US - Luftwaffe Ziele im Hafen angriff. Auch dabei wurden einzelne schwere Schäden in der Nähe der Zweigstecke angerichtet, zum Beispiel in der "Billhorner Brückenstraße". Die Angriffe könnten ein Grund gewesen sein, warum die in der Notausgabe der Hamburger Zeitung angekündigte Ausweitung des U - Bahnbetriebs auf sich warten ließ. So stand auch am Montag, den 26. Juli 1943 in Hammerbrook kein U - Bahn- oder Straßenbahnbetrieb in die Innenstadt zur Verfügung. Es wurde aber angedeutet, daß wohl der Ostring zwischen "Hauptbahnhof" und "Barmbeck" am Nachmittag des 27. Juli wieder befahrbar sei. Die Strecke nach Rothenburgsort sollte am darauffolgenden Tag (dem 28. Juli) wieder einsatzbereit sein.

    "Auch der nächste Tag, Dienstag, der 27., verlief ruhig. (...) Aber den alliierten Fliegern und den Menschen wurde nur diese eine vierundzwanzigstündige Pause zugestanden, und auf seiner Morgenbesprechung am Dienstag, den 27., beschloß Sir Arthur Harris, die Schlacht um Hamburg wieder aufzunehmen. (...) Jener Dienstag war noch heißer als die vorangegangenen Tage." (aus: Martin Middlebrook: "Hamburg Juli ´43", Seiten 259 + 261)

    Nachdem zum Abend hin der Ostring wieder in Gang gekommen war, vermerken die handschriftlichen Fahrplanaufzeichnungen der Hochbahn noch einmal Betrieb nach Rothenburgsort: Demnach verkehrte erst ab 20.03 Uhr bis 23.48 Uhr alle 15 oder 30 Minuten ein Zug vom Hauptbahnhof nach Rothenburgsort, für die Gegenrichtung sind allerdings nur Fragezeichen bei den Abfahrtszeiten angegeben! Der 15 - oder 30 - Minutentakt galt jedoch auch hier. Also scheinen die Reparaturarbeiten vorzeitig beendet worden zu sein, so daß die Züge auf der Zweigstrecke nach Rothenburgsort an derem 28. Geburtstag noch einmal verkehren konnten ... Anzunehmen ist, dass der 15 - Minutenbetrieb am Tage gelten sollte und der 30 - Minutentakt abends. Die größeren Zugabstände erklären sich leicht daraus, daß Hauptbahnhof nun Endstation war und nur die beiden mittleren Gleise zum Kehren von Zügen geeignet waren. Also hätte sich die Zweiglinie dort ihre Gleise mit den ebenfalls dort kehrenden Zügen vom Ostring teilen müssen. Doch die Nagelprobe des Berufsverkehrs am nächsten Morgen erfolgte nicht mehr.

    Um 23.40 Uhr gab es Sirenenalarm. Laut Fahrplan ist der letzte Zug ab Hauptbahnhof um 23.48 Uhr nach Rothenburgsort abgefahren. Ob dies tatsächlich der Fall war, läßt sich nicht mehr nachvollziehen. Fliegeralarm bedeutete eigentlich, daß innerhalb der nächsten Stunde mit einem Luftangriff zu rechnen ist. Allerdings gehen die bekannten Luftschutzvorschriften der Hochbahn davon aus, daß unmittelbar nach Fliegeralarm an der nächsten Haltestelle gehalten werden sollte. Nur wenn noch ein Tunnelabschnitt zu erreichen wäre, sollte weiter gefahren werden. Spätestens zehn Minuten nach Alarm wurden Fahrstrom und Signale abgeschaltet und Haltestellen verdunkelt. Nach einem Befehl aus dem Jahr 1942 sollte der Strom bereits nach fünf Minuten abgestellt werden. So ist zu vermuten, daß der letzte Zug um 23.48 Uhr die Haltestelle Hauptbahnhof nicht mehr verlassen hat.

    "Zwanzig Minuten vor Mitternacht hatten Hamburgs Luftschutzsirenen diesen Angriff angekündigt, aber der längere Flug der Bomber in den Osten der Stadt bedeutete, daß es zu einer Ruhepause von mehr als einer Stunde kam, bevor die ersten Flugzeuge über der Stadt erschienen. Eine Dame aus dem Stadtteil Hamm, der schon bald bombardiert werden sollte, erinnert sich, wie sie in der Periode der Stille draußen vor ihrem Haus stand. "Es war vollkommen still. Keine Flugzeuge, keine Flak. Es war eine zauberhaft schöne Sommernacht." Dann, kurz vor ein Uhr, hörte man das Geräusch vieler sich nähernder Flugzeuge; zu jedermanns Überraschung kam das Geräusch von Osten her. Am Himmel sah man nun die ersten goldgelben Markierungen, und die ersten Bomben begannen zu fallen." (aus: Martin Middlebrook: "Hamburg Juli ´43", Seite 280)

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